Am 24. September 2016 ist Dr. Christoph Albrecht, ein profilierter, hoch verdienstvoller Kirchenmusiker, von uns gegangen.
1930 geboren, wuchs er in Salzwedel auf, wo er bereits im Alter von 13 Jahren den Organistendienst an der Kirche St. Marien übernahm. Nach einem Studium der Kirchenmusik und Theologie in Halle sowie privatem
Orgelunterricht bei Thomaskantor Günther Ramin war er ab 1953 als Domkantor in Naumburg, zugleich als Dozent an der Kirchenmusikschule Halle tätig.
Bereits im Jahr 1949 trat Christoph Albrecht in die Neue Bachgesellschaft ein.
In den beiden Fächern Kirchenmusik und Theologie durch A-Prüfung und Promotion zum Dr. theol. bestens qualifiziert, wurde er 1960 zum Direktor zur Kirchenmusikschule Dresden berufen. Diese Stelle war damals mit dem Kantorat der Dresdner Versöhnungskirche verbunden. 1976 wechselte Albrecht als Kantor und Organist an die Kirche St. Marien in Berlin. Diese Stelle hatte er bis 1992 inne.
Albrecht erreichte seine größte Bekanntheit durch sein herausragendes Orgelspiel. Er gehörte seit den 1960er Jahren zu den international gefragten deutschen Organisten. Im Rahmen der von der DDR-Schallplattenfirma ETERNA unternommenen Einspielung der Bachschen Orgelwerke auf Silbermannorgeln wurden ihm die Interpretation des Dritten Teils der Clavier-Übung sowie der Canonischen Veränderungen über ‚Vom Himmel hoch’ auf der großen Orgel des Freiberger Doms übertragen. Noch Jahre später erinnern sich Beteiligte an die Aufnahme des Es-Dur-Präludiums BWV 552. Albrecht spielte das Werk auf Anhieb so gut, so dass man danach lediglich „zur Sicherheit“ noch einen weiteren Durchlauf aufnahm.
Albrechts Bedeutung erschöpft sich jedoch keineswegs in seinem Virtuosentum als Organist. Für ihn waren Gottesdienstgestaltung und die Arbeit mit musikalischen Gemeindegruppen wichtige Komponenten seiner Kantorentätigkeit. Der Vorbereitung des Orgelspiels im wöchentlichen Gottesdienst widmete er trotz seiner vielen Aufgaben stets mindestens eine Stunde. Als Chorleiter und Dirigent führte er zahlreiche große Werke alter, romantischer und zeitgenössischer Musik auf. Die Werke Bachs bildeten dabei einen durchgängigen cantus firmus.
An der Dresdner Kirchenmusikschule gehörte zu seien Aufgaben auch die Ausbildung in Liturgik und Hymnologie. Im Zusammenhang damit entstanden kurzgefasste Lehrbücher dieser beiden Fächer, die auch heute noch mit Gewinn verwendet werden. Durch ein dem damaligen Kenntnisstand entsprechendes Buch über Interpretationsfragen beteiligte sich Albrecht reflektierend und mit klaren Positionen am aufführungspraktischen Diskurs.
Schließlich muss der Komponist Christoph Albrecht gewürdigt werden. Aus seiner Feder liegen eine Reihe von Orgel- und Chorkompositionen vor, wobei letztere für den gottesdienstlichen Gebrauch bestimmt sind. Sie nehmen Rücksicht auf das Leistungsvermögen der Kirchenchöre und sprechen dennoch eine eigene, moderne und nie belanglose Sprache. Seine Sammlung von Evangelienmotetten („Gesungenes Evangelium“, Strube-Verlag VS 6389) für jeden Sonntag des Kirchenjahrs eignet sich sehr gut für die liturgische Praxis, wenn auch eine strukturbetonte, strenge Klanglichkeit manchen heutigen, an populärer Musik orientierten Hörerwartungen nicht entspricht.
Albrecht vertrat kompromisslos die Positionen, die er als für sich maßgeblich erkannt hatte. Dies zeigte sich auch in der Auseinandersetzung um die Einführung neuer geistlicher Lieder und popularmusikalischer Formen in das gottesdienstliche Musizieren. Albrecht – und mit ihm die damalige Dozentenschaft der Dresdner Kirchenmusikschule – hielt es nicht für möglich, entsprechende Ausbildungsinhalte in das klassische Kirchenmusikstudium zu integrieren. Dem stand der in einem Synodalbeschluss fixierte Wille der Landeskirche zur Integration der Jugendmusik in die gemeindliche Praxis entgegen. Diese Situation führte dazu, dass Dr. Christoph Albrecht 1976 die Leitung der Kirchenmusikschule niederlegte und als Kantor und Organist an die Berliner Marienkirche ging, wo er bis zu seiner Emeritierung erfolgreich wirkte.
Christoph Albrecht war eine herausragende Persönlichkeit, die durch ihr künstlerisches und pädagogisches Wirken eine ganze Generation von Kirchenmusikern geprägt hat.