Bachs Musik verbindet und wird uns auch in diesen schwierigen Zeiten Kraft und Mut geben. Unser Diektoriumsmitglied Ulrich Konrad lädt herzlich ein, den zweiten Satz aus Bachs Kantate „Jesu, der du meine Seele“ (BWV 78) zu hören und schreibt dazu:
Nicht wenige unter uns werden es zum ersten Mal erleben (mir jedenfalls geht es so): Palmsonntag, Gründonnerstag, Karfreitag, Ostern finden ohne die gewohnten gottesdienstlichen Feiern statt – die Kirchen bleiben geschlossen. Selbstverständlich fallen Passion und Ostern nicht aus, wie in diesen Tagen mancher Zeitgenosse gedankenvergessen formuliert. Aber das aktive Mitgehen durch das Geschehen, wie es uns in der Schrift vergegenwärtigt wird, das ist eingeschränkt. Die Spannung zwischen dem „Hosanna“ und dem „Kreuzige ihn!“ mögen wir in diesem Jahr anders erfahren als sonst. Wie Jesus in Jerusalem einzog, davon berichtet etwa der Evangelist Matthäus: Nicht hoch zu Rosse, sondern auf einer Eselin. Wer schon einmal auf einem Esel saß, der wird sich kaum als Triumphator vorgekommen sein. Aber ums Triumphieren ging es damals wie heute nicht. Gerade in der Situation unserer Tage wäre Herumstolzieren noch lächerlicher als ohnehin: Bedachtsamkeit und Umsicht bei der Fortbewegung lauten die aktuellen Gebote. Das ist alles andere als selbstverständlich und nicht eben einfach. Oft genug tappen wir herum, straucheln, suchen den Weg.
Wir eilen mit schwachen, doch emsigen Schritten,
O Jesu, o Meister, zu helfen zu dir.
Du suchest die Kranken und Irrenden treulich.
Ach höre, wie wir
Die Stimmen erheben, um Hülfe zu bitten!
Es sei uns dein gnädiges Antlitz erfreulich!
Bach hat diesen Text für den zweiten Satz seiner Kantate zum 14. Sonntag nach Trinitatis 1724 „Jesu, der du meine Seele“ (BWV 78) zur musikalischen Gestaltung vorgefunden. Die Zeilen haben ihn zu einer ungemein lebendigen, hoffnungsbereiten, geradezu aufgeräumten Musik angeregt. Ich höre in ihr die „schwachen, doch emsigen Schritte“ unserer Gegenwart, einen Palmsonntagszug eigener Art, der inmitten der Krise deutlich macht, dass uns damals wie heute eine Zusage gilt: ER sucht die Kranken und Irrenden treulich. Bachs optimistische Musik vermag uns spüren zu lassen, wie einem jeden und einer jeden das gnädige Antlitz erfreulich sein kann.
Ich wünsche uns allen von Herzen eine im vollen Wortsinn gute Woche. Bachs Duett aus der Kantate BWV 78 finden Sie bei YouTube, gesungen von Julia Neumann und Margot Oitzinger unter Leitung von Rudolf Lutz (mir gefällt diese Aufnahme sehr gut):
https://www.youtube.com/watch?v=NUgqfFCt2LE